Als Vater eines Schulkindes hat man manchmal das Glück, die Welt in einem ganz besonderen Licht zu erleben. Früh aufstehen gehört zum Alltag – und genau das bescherte mir heute Morgen einen traumhaft schönen Moment: Einen kurzen Wintereinbruch in Kiel, bevor die weiße Pracht wieder dem typischen norddeutschen Grau weichen musste.
Auf dem Weg zu meinem neuen Büro im Anscharpark knirschte der frische Schnee bei jedem Schritt unter meinen Schuhen. Der Park wirkte wie in eine Winterdecke gehüllt, unberührt und friedlich. Die altehrwürdigen Gebäude des ehemaligen Marinekrankenhauses trugen einen zarten weißen Überzug, der sie wie Teil einer stillen Schneelandschaft wirken ließ. Es fühlte sich an, als wäre ich in ein norddeutsches Wintermärchen eingetaucht – klare, kalte Luft, eine fast greifbare Stille, die nur vom leisen Knirschen des Schnees durchbrochen wurde.
Ich konnte nicht anders, als meine Kamera auszupacken. Trotz des Wetters, das Fotos oft wie durch einen ISO-32000-Filter aussehen lässt: nebelverrauscht, trüb, norddeutsch eben. Doch gerade diese Stimmung hat für mich ihren eigenen Reiz. Besonders an diesem Morgen, an dem die warme Innenbeleuchtung der alten Gebäude in einem faszinierenden Kontrast zur kalten Schneelandschaft draußen stand. Diesen Moment musste ich festhalten – freihändig, mitten im Moment, ohne großen Anspruch an technische Perfektion. Manchmal sind es die ungeplanten Momente, die den größten Wert haben.
In Norddeutschland muss man schnell sein: Die Magie des Winters hält für gewöhnlich nicht lange an. So auch heute. Schon wenige Stunden später war der Zauber verschwunden. Der Schnee verwandelte sich in grauen Matsch, die klare Schönheit des Morgens wich dem vertrauten Kieler Alltag.
Der Anscharpark – Geschichte, die lebt
Ich war schon immer gerne in der Wik unterwegs. Hier gibt es immer wieder spannende Geschichte und Geschichten zu entdecken. In letzter Zeit hat vor allem der Anscharpark für mich besonders an Bedeutung gewonnen: In einem der historischen Gebäude des ehemaligen Krankenhauses habe ich seit kurzem mein Büro.
Die Geschichte dieses Ortes spürt man bei jedem Schritt. Das Krankenhaus, das Anfang des 19. Jahrhunderts errichtet wurde, war einst ein wichtiger Teil der medizinischen Versorgung Kiels. Seine Architektur in der Pavillonbauweise setzte wegweisende Maßstäbe. Die mächtigen und mit zahlreichen Zierelementen versehenen Backsteinbauten zeugen von einer detailverliebten Bauweise. Gleichzeitig überzeugten sie durch Funktionalität und erfüllten die höchsten Standards ihrer Zeit.
Über 100 Jahre lang nutzten verschiedene Träger das Krankenhaus. 2008 gab man es jedoch aufgrund funktionaler und baulicher Mängel auf. Danach verfielen die Gebäude. Einige mussten gar abgerissen werden. Das ehemalige Bettenhaus sucht noch nach einer neuen Bestimmung.
Inzwischen hat ein Großteil des Anscharparks eine neue Bestimmung gefunden. Das ehemalige Verwaltungsgebäude (Haus 1) heißt jetzt Coworkhaus. Und darin befindet sich mein Büro. Auch die anderen alten Gebäude wurden behutsam saniert und bieten Raum für Kreative, kleine Unternehmen und Initiativen. Mittendrin sitze ich und bin glücklich, hier gelandet zu sein. Es ist inspirierend, an einem Ort zu arbeiten, der so viel erlebt hat und heute einen neuen Zweck erfüllt.
Für einen kurzen Moment heute Morgen schien es, als wäre die Vergangenheit des Anscharparks lebendig geworden. Die verschneiten Wege und die stillen Gebäude verbreiteten einen Hauch von Winter, der mich an diesem besonderen Ort für einen kurzen Augenblick in eine andere Zeit eintauchen ließ. Ein Moment, den ich nicht so schnell vergessen werde.