Architekturfotografie – Tipps und Tricks für beeindruckende Aufnahmen

Faszinieren die Bauwerke genauso wie mich? Ob Brücken, Leuchttürme, Mühlen oder beeindruckende Skylines– im norddeutschen Hinterland gibt es einiges zu entdecken. Und manchmal ist ja auch ein Ausflug in die große Stadt ganz reizvoll. In diesem Artikel gebe ich dir ein paar Tipps, die dir dabei helfen werden, beeindruckende Architekturaufnahmen zu machen.

Vorab: Es gibt in der Fotografie einige Grundlagen. Manche nennen sie auch Grundregeln. Fakt ist jedoch, dass nichts in Stein gemeißelt ist. Ich habe selbst jahrelang einfach drauflos fotografiert. Und es ist völlig ok, wenn du genauso vorgehst. Denn Fotografie soll mMn vor allem Freude bereiten. Spiele also mit der Kamera und den Perspektiven herum. Mach dir klar: Deine Bilder müssen zuallererst dir gefallen.

Über die Jahre habe ich mir intuitiv einige dieser Grundlagen selbst beigebracht. Andere habe ich mir erlesen oder von anderen Fotografen abgeschaut. Schritt für Schritt und in meinem Tempo.

Hast du diese „Regeln“ verinnerlicht, ist es oft sinnvoll, zumindest noch ein Foto zu schießen, bei dem man die Gestaltungsregeln bewusst bricht. Das macht Spaß und führt oft zu tollen Ergebnissen.

Wenn ich dir hier also immer mal wieder ein paar Tipps zur Fotografie gebe, betrachte sie einfach nur als guten Ratschlag. Was du daraus machst, wirst du sehen.

Blick auf die Evenburg in Leer (Ostfriesland)
Neugotik im englischen Landschaftspark: Die Evenburg in Leer (Ostfriesland)

Die Architekturfotografie beschäftigt mich wohl schon seitdem ich angefangen habe, zu fotografieren. Mich fasziniert das Spiel mit Formen und Linien immer wieder aufs neue. Dabei ist es mir erst einmal egal, ob ich uralte oder gerade erst errichtete Gebäude vor der Linse habe. Über Schönheit lässt sich ja sowieso immer wieder streiten. Aber ehrlich gesagt, haben mir Gebäude, die ich auf den ersten Blick sehr hässlich fand, fotografisch oft am meisten geboten.

Doch zurück zum Thema. Hier sind meine Tipps für die Architekturfotografie:

Wähle den richtigen Standpunkt

Darf es etwas mehr sein: Manchmal ist es sinnvoll, die Umgebung mit einzubeziehen und mit ihr zu spielen.

Die Perspektive ist alles! Experimentiere mit verschiedenen Blickwinkeln, um die interessanteste Ansicht zu finden. Manchmal reicht es schon aus, ein paar Schritte zur Seite zu gehen, um ein Gebäude in einem neuen Licht erscheinen zu lassen. Oder versuche mal, das Gebäude aus einer ganz niedrigen oder hohen Perspektive zu fotografieren. Oft ist es gut, sehr nahe vor dem Gebäude zu stehen. Manchmal kann es aber auch reizvoll sein, die Umgebung mit einzubeziehen. Ich laufe gerne einmal auch weiter um die Gebäude herum und überlege mir dann, wo ich mit meinen Aufnahmen starte. Mach auf jeden Fall mehr als ein Foto und fotografiere aus verschiedenen Perspektiven. Gerade die ungewöhnlichen heben dein Bild von der Masse ab.

Der Zeitpunkt ist entscheidend

Der Leuchtturm Friedrichsort bei Mondfinsternis.
Diese Aufnahme der Mondfinsternis habe ich lange im Voraus geplant

Da die Gebäude ja in der Regel nicht wegrennen, kannst du mit der Wahl des Aufnahmezeitpunktes die Wirkung deiner Bilder stark beeinflussen. Überlege dir also genau, zu welcher Tageszeit du deine Aufnahmen machen willst. Willst du mit den Schatten spielen, sind die Tagesrandzeiten perfekt. Früher Morgen und spätes Abendlicht verleihen deinen Aufnahmen eine warme Atmosphäre, während kontrastreiches Mittagslicht für markante Schatten sorgt. Ganz besonders spannend ist die blaue Stunde.

Bei der Planung des Sonnenstandes helfen Apps wie Sun Surveyor oder die Webseite Sonnenverlauf.de. Willst du die Milchstraße, den Vollmond oder gar eine Mond- oder Sonnenfinsternis in dein Bild einbeziehen, kannst du das mit apps wie Photographers Ephemeris (gibt es auch als Desktop-Variante) oder Photopills planen.

Und auch das Wetter hat starken Einfluss auf deine Aufnahmen. Bei manchen Gebäuden ist bedrohlicher Himmel toll. In seltenen Fällen kann ein blauer Himmel schön sein und manche Bauwerke wirken im oder über dem Nebel ganz besonders gut. Informiere dich also im Vorfeld über die aktuelle Wetterlage. Zum Beispiel auf Kachelmannwetter.

Nutze ein Stativ

Nachtaufnahme der Kirche von Greetsiel
Ohn Stativ bekommst du bei Langzeitbelichtungen Schwierigkeiten. Zur Not musst du improvisieren.

Ein Stativ ist ein unverzichtbares Werkzeug für Architekturfotografie, da es dir hilft, auch bei langen Verschlusszeiten verwacklungsfreie Bilder zu machen. Das ist gerade zu den Tagesrandzeiten oder in der Nacht unverzichtbar. Tagsüber ist ein Stativ immer dann sinnvoll, wenn du in dunklen Räumen oder mit einem Filter fotografierst. Welches das „richtige“ für dich ist, musst du herausfinden.

Ich habe ein extrem stabiles Stativ, das leider auch sehr sperrig und schwer ist. Es steht seit Jahren bei mir Zuhause herum und kommt fast nur im Heimstudio zum Einsatz.

Außerdem habe ich ein leichtes und kleines Reisestativ, das gut in meinen Rucksack passt, dafür aber nicht wahnsinnig hoch ausziehbar (142 cm) und auch nicht sehr niedrig (min. Höhe 32 cm) einstellbar ist. Dafür habe ich es (fast) immer dabei.

Mein drittes Stativ ist ein kleiner Stabilisator mit flexiblen Beinen, den ich nahezu überall um irgendetwas herumwickeln oder irgendwo draufstellen kann. Im Notfall improvisiere ich: Einen Bohnensack „baue“ ich mir meist selbst aus ein oder zwei Kochbeuteln Reis oder getrockneten Erbsen oder Bohnen, die ich in einen Gefrierbeutel stecke. Diese Art der Stabilisierung lässt sich auch im Urlaub schnell organisieren.

Das richtige Objektiv

Spoiler: Das gibt es nicht 😉 Weitwinkelobjektive eignen sich hervorragend, um die Gesamtheit eines Gebäudes oder einer Szenerie einzufangen. Sie erlauben es, auch in engen städtischen Umgebungen aus nächster Nähe zu fotografieren und bieten eine beeindruckende Tiefenschärfe. Jedoch ist Vorsicht geboten, um Verzerrungen an den Rändern zu minimieren.

Standardobjektive mit einer Brennweite zwischen 35 mm und 50 mm bieten eine natürlichere Perspektive und eignen sich gut für Detailaufnahmen von Architekturelementen. Sie ermöglichen eine ausgewogene Komposition, ohne extreme Verzerrungen oder Kompressionswirkungen.

Tilt-Shift-Objektive sind speziell für die Architekturfotografie konzipiert. Sie ermöglichen die Kontrolle über die Perspektive durch Verschieben (Shift) und Neigen (Tilt) der Optik. Dadurch können stürzende Linien korrigiert und eine präzise Schärfenebene eingestellt werden.

Fischaugenobjektive bieten extreme Weitwinkelperspektiven und können interessante, verzerrte Effekte erzeugen. Sie eignen sich besonders für kreative und experimentelle Architekturaufnahmen, sollten jedoch mit Bedacht eingesetzt werden, um Verzerrungen zu kontrollieren.

Telebrennweiten, typischerweise über 70 mm hinaus, bieten in der Architekturfotografie die Möglichkeit, spezifische Details oder bestimmte architektonische Elemente näher heranzuholen. Durch die Komprimierung von Perspektiven können Teleobjektive interessante Zusammenhänge zwischen verschiedenen Gebäuden herstellen und fokussierte Ausschnitte schaffen. Dafür brauchst du jedoch ausreichend Distanz zum Motiv, um die Gesamtansicht zu bewahren. Da wird in beengten Städten schnell zur Herausforderung.

Die Wahl des richtigen Objektivs hängt von deinen fotografischen Zielen und der Art der Architektur ab, die du einfangen möchtest. Experimentiere mit verschiedenen Objektiven und schaue, welches oder welche für dich die richtigen sind. Gerade auf Reisen beschränke ich mich aber häufig auf zwei Linsen. Ein 15-35-er Weitwinkel und ein Zoom-Objektiv 24-105mm. Das reicht in den allermeisten Fällen aus.

Achte auf die Linien

Führungslinien lenken den Blick aufs Hauptmotiv. Hier ist es ein Weg, der in Richtung einer Hochhaussiedlung führt
Führungslinien lenken den Blick aufs Hauptmotiv. Nicht immer müssen sie gerade sein. Hier besonders spannend: Der Kontrast zwischen Urbanität und ländlichem Raum am Stadtrand von Hongkong.

Architektur ist das Spiel mit Linien und Formen. Achte darauf, dass deine Linien gerade und deine Formen ausgewogen sind. Nutze die Architektur, um Führungslinien in deine Bilder zu integrieren, die den Blick des Betrachters lenken.

Experimentiere mit Perspektiven und Symmetrie

Reduktion ist ein wichtiges Gestaltungsmittel in der Fotografie. In der extremsten Form besteht das Bild so wie hier nur noch aus wenigen Linien und Formen.
Manchmal eignet sich ein knallblauer Himmel hervorragend zum Fotografieren. So wird auch aus einem vermeintlich langweiligem Denkmal auf einr Betonstele ein echter Hingucker

Fotografiere dein Motiv aus verschiedenen Perspektiven, um das Wesentliche eines Gebäudes einzufangen. Spiele mit Symmetrie, indem du das Gebäude zentral platzierst, oder bringe durch bewusste Asymmetrie Dynamik in deine Aufnahmen.

Halte nach spannenden Details Ausschau

Auf den Blickwinkel kommt es an. Bugansicht eines U-Bootes am Strand von Laboe.

Manchmal sind es die kleinen Details, die den Charakter eines Gebäudes ausmachen. Setze deinen Fokus auf einzigartige Architekturelemente, Texturen oder Verzierungen, um spannende Nahaufnahmen zu kreieren.

Nutze den Goldenen Schnitt oder die Drittelregel

Auf dem Bild wird das Drittelraster anhand eines Fotos mit eingeblendeten Hilfslinien erklärt.
Ein tolles Hilfsmittel: Das Drittelraster.

Der goldene Schnitt und die Drittelregel sind zwei bewährte Kompositionsprinzipien, die in der Architekturfotografie einen entscheidenden Einfluss auf die Bildgestaltung haben. Beide Techniken dienen dazu, das Bild ansprechend zu arrangieren und den visuellen Fokus zu lenken, sind eng miteinander verwandt. Beide unterteilen das Bild horizontal und vertikal in drei Teile. Der goldene Schnitt verleiht deinen Fotos eine harmonische Balance und zieht automatisch das Auge des Betrachters an. Er ist mathematisch etwas kompliziert.

Einfacher ist es, dein Motiv horizontal und vertikal in Drittel zu teilen. Platziere wichtige Elemente entlang dieser Linien. Die spannendsten Punkte sind dabei die Kreuzungspunkte der Linien. Klingt immer noch kompliziert? Keine Sorge. Das ist es nicht. Denn nahezu bei jeder Kamera lassen sich diese Hilfslinien im Display einblenden– auch bei Smartphones geht das über die Einstellungen der Foto-App. Positiver Nebeneffekt: Die Linien helfen dir auch dabei, den Horizont gerade auszurichten.

Halte Ausschau nach Reflexionen

Gut Ludwigsburg spiegelt sich im Burggraben
Wasser ist ein toller Spiegel. Es muss jedoch nicht immer ein Burggraben sein. Kleine Pfützen sind ebenso geeignet.

Halte besonders an Orten mit Wasserflächen Ausschau nach Reflexionen. Seen, Flüsse oder sogar Pfützen können faszinierende Spiegelungen der umgebenden Architektur bieten.

Moderne Gebäude mit Glasfassaden oder Spiegelflächen sind oft perfekte Quellen für kreative Reflexionen. Suche nach interessanten Perspektiven, um die benachbarte die Architektur in diesen Oberflächen einzufangen.

Suche nach natürlichen Rahmen

Schloss Glücksburg umrahmt von Gewächsen
Ein natürlicher Rahmen verleiht dem Bild Tiefe.

Die Verwendung natürlicher Rahmen ist eine raffinierte Technik, um Architekturaufnahmen visuell ansprechender zu gestalten und ihnen eine weitere Dimension zu verleihen. Bäume, Büsche und andere Gewächse können dazu verwendet werden, das Hauptmotiv zu umrahmen und ihm eine natürliche, organische Struktur zu verleihen oder unliebsame Objekte zu verstecken. Der Rahmen verleiht dem Bild außerdem Tiefe und lenkt den Blick des Betrachters auf das zentrale Motiv. Manchmal liefert auch die Architektur Rahmen. So kann auch der Blick durch Fensteröffnungen, Arkaden oder Türöffnungen dein Bild interessanter machen. Diese Strukturen können das Hauptmotiv umrahmen und interessante Kompositionen schaffen, die die Architektur in einen kontextuellen Zusammenhang setzen.

Nachbearbeitung gehört dazu

Immer wieder höre ich, dass Leute sagen, ihre Bild wäre unbearbeitet, weil es angeblich direkt aus dem Handy oder der Kamera kommt. Fakt ist, dass jedes Bild bearbeitet ist. Smartphones und Kameras wenden verschiedene Bildstile an, wenn sie ein Foto als .jpg herausgeben. Bei einigen Smartphones versucht das Gerät inzwischen über die Geokoordinaten herauszufinden, was auf dem Bild zu sehen ist. Stehst du beispielsweise am Strand, wird das Bild etwas aufgehellt und so weiter. Manche Smartphones fügen sogar Details hinzu, um das Bild „schöner“ zu machen. Auch das Entrauschen passiert bei .jpgs über Algorithmen. Du musst dich also entscheiden, ob du die Bilder automatisch oder doch lieber selbst entwickeln möchtest. Ich habe mich schon lange für letzteres entschieden.

Denn die Nachbearbeitung ist ein weiteres kreatives Werkzeug. Spiele mit Kontrasten, Farben und Belichtung, um das Beste aus deinen Architekturaufnahmen herauszuholen. Aber sei dabei vorsichtig – weniger ist oft mehr. Immer wieder macht es jedoch Spaß, die Regler auch bis zum Anschlag aufzuziehen. So siehst du ihren Effekt deutlich und kannst sie danach subtiler einsetzen. Aber wie so oft heißt es auch hier: Erlaubt ist, was gefällt. Und das entscheidest zunächst du.

Architekturfotografie im Hinterland

Schloss Langenburg über dem Nebel
Im Hinterland gibt es manche architektonische Perle zu entdecken.

Bei Architekturfotografie denken die allermeisten wohl an urbane Räume. Doch abseits der städtischen Skyline erstreckt sich eine facettenreiche Landschaft mit Bauwerken, die von der Geschichte und dem Leben erzählen. Das Hinterland ist geprägt von ländlichen Bauwerken, von alten Kirchen über Schlösser und Gutshöfe bis hin zu charmanten Bauernhöfen. Die Architektur erzählt Geschichten vergangener Zeiten und spiegelt die Lebensweise der Menschen wider, die diese Strukturen geschaffen haben. Aber natürlich steht auch auf dem Land die Zeit nicht still und selbst wenn du moderne Architektur bevorzugst, wirst du dort fündig. So manch moderner Windpark liefert eine fülle von spannnenden Perspektiven und auch Ausstellungshäuser und Museen sind in interessanten Gebäuden untergebracht.

Bist du bereit, die Architekturfotografie im Hinterland zu erobern? Schnapp dir deine Kamera, erkunde die faszinierende Welt der Bauwerke und lass deine Kreativität fließen.

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