Haithabu und Danewerk: UNESCO-Weltkulturerbe im Hinterland

Mitten im schleswig-holsteinischen Hinterland liegt ein echter Schatz aus der Wikingerzeit: Haithabu und das Danewerk. Diese historischen Stätten, die von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt wurden, machen die Vergangenheit erlebbar und sind von einer beeindruckenden Natur umgeben. In diesem Blogbeitrag möchte ich dir die Geschichte dieser bedeutenden Orte, die faszinierenden Runensteine und die grandiose Natur, in die das Weltkulturerbe eingebettet ist, näherbringen. Sie zeigen, dass das Mittelalter alles andere als finster war. Begleite mich auf einem Spaziergang rund um das Haddebyer Noor und lasse dich von der Schönheit der Schleiregion verzaubern.

Manche Sehnsuchtsorte verlieren ihren Zauber, wenn man sie erstmals besucht. Haithabu gehört definitiv nicht zu diesen Plätzen. Seit wir in Kiel wohnen, haben wir die Wikingerstadt immer wieder angesteuert und jedes Mal aufs neue begeistert. Zum Fotografieren bin ich am liebsten bei schlechtem Wetter dort, doch eigentlich ist die ehemalige Metropole an der Schlei immer schön.

Eine kurze Geschichte von Haithabu und Danewerk

Haithabu war eine der wichtigsten Handelsmetropolen der Wikinger und ist heute eine der am besten erforschten archäologischen Stätten aus dieser Zeit. Gegründet im 9. Jahrhundert, entwickelte sich Haithabu schnell zu einem bedeutenden Handelszentrum zwischen Nord- und Osteuropa. Die Siedlung muss gewaltige Ausmaße gehabt haben, war doch nahezu der gesamte innere Bereich des Halbkreiswalls, der die Stadt umgab, bebaut.

Heute ist davon nur noch wenig zu sehen. 1066 zerstörten Slawen die Siedlung, die nie wieder aufgebaut wurde. Stattdessen wuchs Schleswig am gegenüberliegenden Ufer der Schlei zur Stadt und Handelsmetroploe. Ein Glücksfall, wie sich herausstellte. Denn das Areal von Haithabu ist seither nie wieder überbaut worden, so dass Archäologen auf ein nahezu ungestörtes Fundareal zugreifen können. Nie wieder bebaut stimmt nicht ganz: In einem kleinen Teilbereich ließ das Wikinger Museum Haithabu 2005 Häuser und einen kleinen Teil der Hafenanlagen nach den Grabungsergebnissen rekonstruieren. Gemeinsam mit den zahlreichen, im angrenzenden Museum ausgestellten Fundstücken, geben sie einen tiefen Einblick in das Leben der Wikinger.

Die rekonstruieret Wikingersiedlung Haithabu. Zu sehen sind fünf Häuser und Hütten unter einem bedrohlich wirkenden Gewitterhimmel. Vor den Häusern spielen zwei Kinder in Wikingerkleidung.
Manchmal ziehen moderne Wikinger in Haithabu ein.

Das Danewerk, ein riesiges Verteidigungswerk, erstreckt sich über 30 Kilometer und schützte das dänische Königreich vor Angriffen. Heute befindet es sich mitten in Schleswig-Holstein. Es besteht aus Wällen, Gräben und Mauern und ist ein beeindruckendes Zeugnis der Ingenieurskunst der Wikinger. Zusammen mit Haithabu bildet es ein einzigartiges Kulturerbe, das die historische Bedeutung dieser Region eindrucksvoll darstellt.

Auf dem Bild ist ein Teilstück der Ziegelmauer der Waldemarsmauer zu sehen, die Teil des Danewerkes ist. Hinter dem Wall wachsen Bäume, davor ist ein gepflegter Rasen.
Die Waldemarsmauer des Danewerkes.

Runensteine und moderne Schanzen

Eines der Highlights eines Besuchs von Haithabu sind zweifellos die Runensteine, war die Stadt doch der einzige Ort im heutigen Deutschland, an dem man mit alten Schriftzeichen der Germanen beschriftete Steine fand.

Nachbildung des großen Sigtryggsteins in der Nähe des Fundorts. Der Stein ragt hoch in den Himmel auf. Auf dem Stein sind Runenzeichen zu sehen.
Nachbildung des großen Sigtryggsteins in der Nähe des Fundorts.

Die Runensteine von Haithabu sind bedeutende historische Denkmäler aus der Wikingerzeit. Diese Steine wurden von prominenten Persönlichkeiten errichtet, um bedeutende Männer zu ehren. Immerhin wird mit Asfrid eine Frau als Stifterinn und Königin auf den Steinen genannt. Die Originalsteine stehen größtenteils im Wikinger Museum, Kopien ließ man an den Fundplätzen aufstellen. Ich finde, dass sie gerade dort ihre Wirkung am besten entfalten.

Nach ihren Inschriften sind sie in zwei Gruppen unterteilt: die Sigtryggsteine und die Svensteine. Die älteren sind die Sigtryggsteine. Königin Asfrid ließ sie für ihren Sohn Sigtrygg kurz vor oder in der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts aufstellen.

Zu den Svensteinen gehören der Erikstein und dem Skarthistein. Sie stammen vermutlich aus dem späten 10. oder frühen 11. Jahrhundert. Beide gedenken Kriegern, die bei einer Belagerung von Haithabu starben und auf beiden ist ein König Sven genannt, so dass man bei beiden davon ausgeht, dass sie sich auf dasselbe Ereignis beziehen.

Insgesamt waren die Wikinger eher schreibfaul. Außer den wenigen hundert Runensteinen, die bis dato in Skandinavien gefunden wurden, blieben wenige Kaufverträge auf einem Holzstück oder kurze Briefe auf Birkenrinde oder anderem organischen Material erhalten. Für kultische Handlungen wurden wohl einige auf Buchenstäbchen geritzt. Daraus, so eine Theorie, wurde dann später das Wort Buchstabe.

Die Schanze 14 ist ein weiteres beeindruckendes Bauwerk in der Nähe des Danewerks. Sie ist Teil einer gigantischen Verteidigungsanlage, mit der die Dänen sich im 19. Jahrhundert gegen eine deutsche Invasion schützen wollten. Vergebens, wie wir wissen.

Die wiedererrichtete Schanze 14 des Danewerks. Zu sehen ist ein abgeflachtes pyramidenförmiges Bauwerk aus mit Gras bewachsender Erde. Links führt eine Rampe in die Schanze.
Nach dem Deutsch-Dänischen Krieges ließen die Sieger die meisten Bastionen am Danewerk schleifen. Sie sind daher nur noch rudimentär erhalten und erkennbar. Nur die Schanze 14 wurde 2001 von dänischen und deutschen Pionieren gemeinsam wieder aufgebaut.

Schön, dass das Verhältnis zwischen Dänen und Deutschen heute gut ist und man gemeinsam der Geschichte gedenkt. So betreibt die Vereinigung der dänischen Minderheit in Südschleswig (Sydslesvigsk forening SSF) das Danewerk-Museum und die Schanze 14 wurde 2001 von dänischen und deutschen Pionieren gemeinsam wieder aufgebaut. Museum und Schanze ein wichtiger Teil der vielschichtigen und langen Geschichte des Danewerks und zugleich gemeinsamer Erinnerungsort für Deutsche und Dänen.

Die grandiose Natur der Schleiregion

Das UNESCO-Weltkulturerbe Haithabu und Danewerk ist nicht nur wegen seiner historischen Bedeutung einen Besuch wert, sondern auch wegen der wunderschönen Natur, die es umgibt. Die Region ist geprägt von sanften Hügeln, dichten Wäldern und idyllischen Seen.

Fernaufnahme der rekonstrueiretn Siedlung. Links ist das Haddebyer Noor zu sehen, an dem der Hafen von Haithabu lag. Im Vordergrund grasen Kühe einer kleinwüchsigen, aber robusten Rasse, die wohl auch zu Wikingerzeiten gezüchtet wurde.
Haithabu liegt am Haddebyer Noor. Damit bot die Siedlung zu Wikingerzeiten einen sicheren und sturmgeschützten Hafen.

Besonders beeindruckend ist das Haddebyer Noor, eine große Seitenbucht der Schlei, die in die Landschaft eingebettet ist und einen wunderbaren Rahmen für Spaziergänge und Wanderungen bietet.

Ein Spaziergang rund um das Haddebyer Noor

Einer der schönsten Wege, die Region zu erkunden, ist ein Spaziergang rund um das Haddebyer Noor. Er bietet eine wunderbare Mischung aus Kultur und Natur und lässt erahnen, warum die Wikinger Haithabu als Siedlungsplatz auswählten. Üblicherweise starte ich meine Ausflüge auf dem Parkplatz am Museum von Haithabu. Von dort aus führt ein Wanderweg vorbei am Wikingermuseum zur rekonstruierten Siedlung. Dort lege ich gerne eine Pause ein, um einen lebendigen Einblick in das Leben der Wikinger zu bekommen. Die detailgetreuen Nachbauten der Häuser und Werkstätten sind immer wieder beeindruckend. Stets gibt es Neues zu entdecken. Und wenn moderne Wikinger in die Siedlung einziehen, wird Geschichte greifbar.

Von der gegenüberliegenden Seite gibt es immer wieder spannende Ausblicke auf Haithabu. Bei meinem Besuch war es leider sehr dunstig.

Weiter geht es durch den Halbkreiswall, der die Siedlung bis heute vollständig umgibt, vorbei an den Kopien von zwei Runensteinen, die mit ihren geheimnisvollen Inschriften faszinieren. Danach musst du an einer Engstelle zwischen dem Haddebyer und dem Selker Noor eine Brücke überqueren. Bei Hochwasser ist das manchmal nicht möglich bzw. schwierig. Wenn du die Brücke passiert hast, stehst du am Ostufer des Noores. Es ist deutlich hügeliger und bewaldeter, bietet aber immer wieder schöne Ausblicke auf Haithabu. Der Weg führt zurück zu Schlei. Dort angekommen musst du leider eine stark befahrene Straße überwueren und ihr bis Haddeby. Dort lohnt ein kleiner Abstecher in die um 1200 aus Feldsteinen errichtete Kirche. Von außen sieht sie schön, aber etwas unscheinbar aus. Ihr Inneres ist eine Schatzkiste mittelalterlicher Sakralkultur.

Die Kirche St. Andreas Haddeby von Norden gesehen. Meist ist sie geöffnet. Ein Besuch lohnt unbedingt.

Nun sind wir fast wieder am Parkplatz angekommen. Auch das letzte Teilstück ist eher besinnlich. Bis auf das kurze, aber laute Wegstück entlang der Straße genieße ich die Ruhe und Schönheit der Natur, die diese Region so besonders macht. Und beschließe, wiederzukommen.

Fazit

Ein Besuch in Haithabu und am Danewerk ist eine Reise in die Vergangenheit und ein Eintauchen in die faszinierende Welt der Wikinger. Die beeindruckenden archäologischen Stätten, die geheimnisvollen Runensteine und die atemberaubende Natur machen dieses UNESCO-Weltkulturerbe zu einem unvergesslichen Erlebnis. Das funktioniert auch mit Familie super. Egal ob Geschichtsliebhaber, Naturfreund oder Wanderer – hier kommst du auf deine Kosten. Wer mag, kann an diversen Badestellen ins Wasser eintauchen. Verpflegung gibt es im Odin’s oder dem Café des Wikingermuseums. Manchmal gibt es im Freilichtmuseum originale Wikingerkost. Kurz gesagt: Ein Spaziergang rund um das Haddebyer Noor ist der perfekte Weg, diese einzigartige Region zu entdecken und die Geschichte und Schönheit von Haithabu und Danewerk hautnah zu erleben.

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