Moin. Heute nehme ich dich mit auf eine nächtliche Fototour durch Bremen. Zwischen meinen Workshopterminen habe ich die Abende genutzt, um die Stadt zu erkunden oder besser gesagt: Neu für mich zu entdecken. Denn ich habe lange dort gewohnt, ehe ich vor nunmehr sieben Jahren weggezogen bin. Nun, was soll ich sagen: Die Stadt hat nichts von ihrer Faszination eingebüßt.
Das Basislager
Mein Job bringt es mit sich, dass ich öfter in Hotels übernachten muss. Inzwischen öden mich Abende in den Unterkünften eher an. Daher bin ich froh, ein Hobby zu haben, dass mich heraustreibt und das dazu noch zu jeder Tages- und Nachtzeit auszuüben ist. In der Hansestadt habe ich ein Zimmer in einem zentral gelegenen Hotel bezogen, das sich als perfekter Ausgangspunkt für meine Fototouren erwiesen hat. Losgezogen bin ich mal wieder zu den Tagesrandzeiten, was zum einen damit zusammenhängt, dass ich tagsüber gearbeitet habe und ich andererseits sowieso ganz gerne nachts losziehe. Hier schon einmal eine Karte der besuchten Orte.
Nächtlicher Marktplatz mit Dom und Rathaus
Bremens gute Stube ist ein Ort voller Geschichte und Charme. Ganzer Stolz der Stadt ist das Ensemble aus Rathaus und Roland, das als UNESCO-Welterbe ausgezeichnet ist. Ganz zu Recht. Aber dementsprechend voll ist es dort auch tagsüber. Wie schon so oft wundere ich mich, dass dort spätabends so wenig los ist. Gut für mich und alle, die gerne länger wach bleiben (oder früh aufstehen). Denn befreit von allen Verlockungen des Alltags, den unzähligen Ständen und noch mehr Touristen wird es Abends schnell ruhig und zauberhaft. Das stimmungsvoll beleuchtete Rathaus und der imposante St. Petri Dom bilden zusammen eine beeindruckende Kulisse. Die Lichter und die entspannte Atmosphäre des Abends machen diesen Ort zu einem Muss für jeden Fotografen. Doch das Zentrum hat mehr zu bieten als den Dreiklang aus Rathaus, Dom und Roland. Die historischen Gebäude rund um den Marktplatz sind Zeugen vergangener Jahrhunderte und bieten unzählige Fotomotive.
Der Schnoor: Ein Viertel aus längst vergangener Zeit
Weiter ging es in den Schnoor, dem ältesten Viertel Bremens. Es ist nur einen Katzensprung vom Marktplatz entfernt. Mit seinen verwinkelten Gassen und den kleinen, liebevoll restaurierten Häusern aus dem 15. und 16. Jahrhundert fühlt man sich hier wie auf einer Zeitreise. Bei Nacht sind die engen Straßen noch mystischer und bieten zahlreiche Fotomöglichkeiten. Die warmen Lichter der Laternen und die Schatten der alten Gebäude schaffen eine einzigartige Atmosphäre, die man so nur selten findet. Mein Tipp: Nimm ein Teleobjektiv mit. Dadurch wirken die engen Gassen alles noch mystischer.
Der Himmelssaal im Haus Atlantik
Ein persönliches Highlight meiner Fototour war der Himmelssaal im Haus Atlantis. Ich habe bei meinem Bremen-Besuchen immer wieder versucht, in den Saal zu kommen. Leider meist ohne Erfolg. Entweder war ich nur zu späten Abendstunden in Bremen oder es fand gerade eine Veranstaltung im Saal statt. Besichtigen kann man den Saal nach vorheriger Anmeldung im Hotel Radisson Blu, in dessen Gebäude der Saal zu finden ist. Eine sehr freundliche Angestellte begleitete mich in den Saal und wusste ganz nebenbei noch einige spannende Geschichten zu erzählen. Als ich endlich im Himmelsaal stand, war ich begeistert: Der prachtvolle Saal, der seinem Namen alle Ehre macht, strahlt eine ganz besondere Eleganz aus. Oben findet sich, so Wikipedia, eine parabolische Kuppel aus blauen und weißen Glasbausteinen. Sie sorgt für eine besondere Licht- und Raumwirkung. Nach Entwürfen von Bernhard Hoetger sollte ein mystischer Ort entstehen. Das ist rundum gelungen, auch wenn der Bauherr, Ludwig Roselius, eine umstrittene Persönlichkeit war. Die kunstvolle Decke erzeugt magische Lichtimmungen und macht den Saal zu einem beeindruckenden und trotz seines Alters fast futuristisch wirkenden Motiv, das man nicht verpassen sollte.
Das Antikolonialdenkmal: Der Elefant aus Ziegelsteinen
Der aus Ziegelsteinen gemauerte Elefant nahe dem Hauptbahnhof hat mich schon immer fasziniert. Leider ist er nicht so harmlos, wie er auf den ersten Blick daherkommt. Ursprünglich sollte er an die während des Ersten Weltkrieges verlorenen Kolonien erinnern und Deutschlands Anspruch an die Gebiete sprichwörtlich untermauern. 1932 wurde das Monument 1932 nach einem Entwurf des Bildhauers Fritz Behn durch den Architekten Otto Blendermann schließlich errichtet.
Nach dem Krieg tat man sich lange schwer mit dem Erbe. Erst 1989 beschloss die Bremer Bürgerschaft die Umwidmung zu einem Antikolonialdenkmal. Mit diesem Wissen im Hinterkopf betrachten man das niedliche Mahnmal mit ganz anderen Augen. Gerade bei Nacht, wenn man auch hier mehr oder weniger alleine ist, wirkt das dezent beleuchtet Denkmal besonders eindrucksvoll und regt zum Nachdenken an. Es ist ein Stück Geschichte, das man unbedingt in seine Fototour einbeziehen sollte.
Das nächtliche Universum Science Center
Etwas weiter vom Zentrum entfernt, aber gut mit der Straßenbahn erreichbar, liegt das Universum Science Center. Ein lohnenswerter Abstecher, ist es ist nicht nur ein Ort für Wissensdurstige, sondern auch ein architektonisches Meisterwerk. Bei Nacht hebt sich das futuristische Gebäude in Form eines gestrandeten Wals gut vom dunklen Hintergrund ab. Es erstrahlt das in verschiedenen Farben und bietet ein faszinierendes Schauspiel. Eine besonders schöne Perspektive bietet sich, wenn man dem Weg zwischen Universum und Hotel Atlantik folgt, bis man hinter dem See in einem Wäldchen steht und von dort auf das Gebäude blickt. Die Reflexionen im angrenzenden Wasser sind hier besonders gut zu sehen und in Kombination mit den besonderen Lichtspielen wird das Universum zu einem perfekten Motiv für Nachtaufnahmen.
Die Stadthalle bei Nacht
Zurück ins Zentrum. Oder besser gesagt: Die Gegend um den Hauptbahnhof. Normalerweise kein Ort, an dem man sich Abends länger alleine aufhalten möchte. In Bremen hatte ich damit jedoch keine Probleme und habe ein weiteres faszinierendes Motiv angesteuert: Die Bremer Stadthalle. Sie hat inzwischen diverse Sponsorennamen gehabt. Wie sie aktuell genannt wird oder genannt werden soll, mag jeder selbst recherchieren. Davon abgesehen sorgen die moderne Architektur und die Beleuchtung nachts für ein besonderes Ambiente. Die Stadthalle, oft Ort großer Veranstaltungen, zeigt sich in der Dunkelheit von ihrer besten Seite und bietet viele interessante Perspektiven für Fotografen. Und wenn gerade keine Veranstaltung ist, bleibt es angenehm ruhig um das Bauwerk.
Das Denkmal der Bremer Stadtmusikanten
Kein Bremen-Besuch ist komplett ohne ein Foto der Bremer Stadtmusikanten. Das kann man am Denkmal förmlich sehen. Unzählige Touristenhände haben die Beine und die Nase des Esels blankpoliert. Tagsüber muss man sich oft bei einer langen Schlange hinten anstellen, um zu seinem Bild zu kommen. Dabei wird Geschichte der vier tierischen Helden, die jeder kennt, wird durch die nächtliche Beleuchtung noch lebendiger, das Denkmal selbst viel plastischer. Es ist ein Motiv, das man einfach festhalten muss.
Die Böttcherstraße: Kunst und Architektur
Zu guter Letzt führte mich meine Tour in die Böttcherstraße. Diese Straße, bekannt für ihre einzigartige Architektur und die zahlreichen Kunstwerke, ist besonders zu den Randzeiten des Tages ein wahrer Hingucker. Die historischen Gebäude und die Kunstwerke, beleuchtet und in eine ruhige nächtliche Atmosphäre getaucht, bieten unzählige spannende Fotomotive. Auch am frühen Morgen, wenn die meisten Menschen noch schlafen und die Geschäfte geschlossen sind, macht es Spaß, durch die Böttcherstraße zu gehen und die Architektur zu bestaunen. Ähnlich eng wie der Schnoor fühlt man sich in der Böttcherstraße mit ihrer britisch wirkenden Architektur in eine Harry Potter Filmkulisse versetzt. Auch das wirkt nachts deutlich besser als tagsüber, wenn man sich die Straße mit unzähligen Touristen teilen muss.
Bremen? Bremen!
Bremen bei Nacht hat einen ganz besonderen Charme. Die Kombination aus historischen und modernen Bauten, die Beleuchtung und die Ruhe der Stadt machen jede Fototour zu einem unvergesslichen Erlebnis. Ich hoffe, mein kleiner Einblick in meine nächtlichen Erkundungen hat euch gefallen und inspiriert euch vielleicht zu eurer eigenen Fototour durch diese wunderschöne Stadt.
Tolle, einzigartige Fotos. Besser als jeder spießige Reiseführer.
Moin Lina. Ganz lieben Dank für die netten Worte. Freue mich darüber sehr. Gruß M