Du bist oft mit der Kamera unterwegs und bist doch nie ganz zufrieden mit den Bildern? Dabei könnte alles so einfach sein: „Ein gutes Foto ist ein Foto, auf das man länger als eine Sekunde schaut“, wusste schon Henri Cartier-Bresson. Für Urlaubsfotos gilt das ganz besonders. Schließlich wollen wir nicht nur zeigen, wo wir waren, sondern auch, was wir gefühlt und erlebt haben. Hier verrate ich dir meine zehn besten Tipps, wie du auf Urlaubsfotos die Atmosphäre einfangen und Geschichten erzählen kannst.
Zum „richtigen“ Zeitpunkt fotografieren
Gute Fotospots sind meist überlaufen, und im Bild tauchen ständig Menschen auf, die vom eigentlichen Motiv ablenken. Wer Sehenswürdigkeiten wie den Dogenpalast, das Brandenburger Tor oder den Eiffelturm fotografieren möchte, sollte auf die Tagesrandzeiten ausweichen. Während des Tages drängen sich oft Hunderte Touristen vor beliebten Sehenswürdigkeiten. Ganz anders in den späten Abendstunden oder in der Nacht: Dann sind selbst die beliebtesten Monumente und Plätze leergefegt. Statt hektischem Trubel herrscht Ruhe und du kannst ganz in Ruhe verschiedene Perspektiven ausprobieren. Außerdem hebt die Beleuchtung architektonische Details eindrucksvoll hervor oder stellt das Motiv vor dem dunklen Hintergrund frei.


Das Licht ist entscheidend




Fotografieren heißt sinngemäß „Mit Licht zeichnen“. Daraus folgt, dass du ohne gutes Licht kein gutes Foto machen kannst. Tagsüber wirken viele Motive unscheinbar, weil die Schatten kurz, die Farben flach sind. Das ändert sich, wenn die Sonne frühmorgens oder am Abend tief steht und dein Motiv in weiches, warmes Licht hüllt. Die gleiche Szenerie wirkt plötzlich magisch (und zeigt an unterschiedlichen Tagen mit unterschiedlichen Lichtstimmungen immer wieder neue Seiten. Auch eine vom Vollmond beschienene Landschaft hat ihren ganz eigenen Reiz. Vorteil: Tagsüber hast du Zeit, dir die Sehenswürdigkeiten in Ruhe anzuschauen. Lass dann andere ihre Bilder machen.
Suche nach Linien
Linien im Bild sind wie Wegweiser für das Auge. Wege, Zäune, Flüsse oder Schienen können den Blick des Betrachters ins Bild hineinziehen und deinem Foto Tiefe verleihen. Besonders wirkungsvoll sind sogenannte Fluchtlinien, die sich im Hintergrund treffen. In Städten bieten Straßen, Brücken oder Geländer ideale Motive, in der Natur können es Pfade, Bachläufe oder Baumreihen sein. Achte bewusst auf solche Elemente. Sie geben deinen Bildern eine klare Handschrift und machen sie spannender.




Vordergrund macht Bild gesund
… ist eine alte Fotografenweisheit. Aber sie funktioniert. Ein spannender Vordergrund verleiht Fotos Tiefe und zieht den Blick des Betrachters sofort ins Bild. Stell dir vor, du stehst vor einer atemberaubenden Bergkulisse. Ein schnöder Schnappschuss fängt vielleicht die Pracht der Gipfel ein. Was aber völlig verloren geht, ist das Gefühl für die Dimension. Achte daher einen spannenden Vordergrund. Das können ein paar mit Moos bewachsene Felsen im Vordergrund sein oder ein kleines Bächlein, das sich durchs Gras schlängelt. Manchmal tut es auch ein Gullideckel. So bekommt das Bild eine ganz neue Dimension. Bewusst im Vordergrund platzierte Elemente geben dem Motiv nicht nur Tiefe, sondern lassen auch viel Raum für Fantasie.


Rahme dein Bild ein
Ein natürlicher Rahmen lenkt den Blick aufs Wesentliche und gibt dem Bild Struktur. Äste, Türen, Fenster oder Bögen können als Umrahmung dienen und schaffen dabei Tiefe und Spannung. Solche Bildelemente machen Fotos nicht nur harmonischer, sondern helfen auch, das Hauptmotiv hervorzuheben. Manchmal ist der „Rahmen“ selbst das Motiv. Besonders in Städten und der Natur finden sich überall Möglichkeiten. Die Herausforderung ist es, sie zu sehen. Geh also ruhig mal in die Hocke, wechsle die Perspektive oder fotografiere durch Hecken, Zäume und Tore, um passende Rahmen für dein Bild zu finden.



Spieglein Spieglein: Die Magie der Reflexionen
Das Wetter ist schlecht, es hat den ganzen Tag geregnet, hört aber langsam auf? Höchste Zeit, herauszugehen und nach Spiegelungen zu suchen. Wenn sich Fassaden in Pfützen auf dem Asphalt oder auf glatten Wasserflächen spiegeln, werden aus alltäglichen Motiven eindrucksvolle Kompositionen. Und wenn gerade keine Pfütze da ist? Dann hilf einfach nach! Mit einer kleinen Wasserflasche lässt sich im Handumdrehen ein eigener Spiegel auf dem Boden zaubern.



Es gibt kein schlechtes Wetter
Apropos Wetter. Ja, ich weiß, dass alle davon reden. Aber selten höre ich Menschen, die sich über vermeintlich schlechtes Wetter freuen. Außer Fotografen. Warum? Gerade bei trübem Wetter oder kurz nach dem Regen entsteht oft ein ganz besonderes Licht: weich, diffus und voller Atmosphäre. Ein weiterer Vorteil: Die allermeisten Menschen bleiben dann lieber drinnen. Statt sich über das schlechte Wetter zu ärgern, lohnt es sich also, Kamera oder Smartphone griffbereit zu haben. Denn gerade dann entstehen viele der eindrucksvollsten Reisebilder. Denn dunkle Wolkenformationen, dramatische Himmel oder Bodennebel können deinen Bildern eine mystische Stimmung verleihen. Das lässt sich bedingt planen. So sind Flusstäler in den frühen Morgenstunden oft nebelverhangen. Manchmal im Sommer, ganz sicher aber im Herbst.



Einfach ist schön: Minimalismus in der Fotografie
Manchmal braucht es nicht viel für ein starkes Bild. Ganz im Gegenteil: Weniger ist oft mehr. Konzentriere dich auf das Wesentliche, reduziere dein Motiv auf klare Formen, wenige Farben und Elemente. Minimalistische Aufnahmen strahlen Ruhe aus und wirken besonders eindrucksvoll, wenn sie nicht von zu vielen Details überlagert werden. Achte auf klare Linien, harmonische Flächen und Leerräume. Sie geben dem Hauptmotiv Raum und lassen es umso stärker wirken.



Werde Teil deiner eigenen Reisegeschichte
Manchmal macht erst ein Mensch das Bild wirklich lebendig. Warum also nicht du selbst? Setz dich bewusst in Szene. Stell deine Kamera auf ein (Reise-)Stativ und stell den Selbstauslöser und werde zum Teil deiner Bildkomposition. Ob als Silhouette vor leuchtenden Nachtwolken, lesend auf einer Parkbank oder bei deinem Lieblingshobby. Die so entstandenen Bilder wirken persönlich und authentisch. Sie zeigen nicht nur dein Reiseziel, sondern lassen dazu erahnen, was du dort empfunden hast. Und machen dein Reisealbum einzigartig.


Bewusst sehen, besser fotografieren. Egal mit welchem Equipment
Der wohl wichtigste Tipp kommt zum Schluss: Reisefotografie braucht kein teures Equipment. Es ist daher ziemlich egal, ob du mit einem Smartphone oder einer großen Kamera unterwegs bist. Es gab Zeiten, da habe ich mein komplettes Fotoequipment mit auf Reisen genommen. Wenn man –wie ich– schon etwas länger fotografiert, kommt da einiges zusammen. Heute bin ich deutlich spartanischer unterwegs.
Ganz abgesehen von der alten Fotografenweisheit „Die beste Kamera ist die, die man dabei hat“ zeichnen sich gute Aufnahmen vor allem dadurch aus, dass man sie bewusst gemacht hat. Also nicht einfach auf den Auslöser gedrückt hat, sondern sich Zeit genommen hat. Wer Licht, Linien und Stimmung gezielt einsetzt und auch mal neue Perspektiven ausprobiert, wird mit Bildern belohnt, die mehr zeigen als nur den Ort. Ob im Touristenhotspot, auf dem Marktplatz der Nachbargemeinde oder in einer regennassen Gasse: Mit ein wenig Gespür und den richtigen Tipps wird aus jedem Schnappschuss ein echtes Reisefoto. Eines, das man länger als eine Sekunde anschaut.
Lust auf mehr Fototipps? Eine gute Reise(foto-)reportage beginnt schon bei der Planung. In meinem Beitrag zur Nachtfotografie in Venedig zeige ich dir, wie du stimmungsvolle Bilder in der Dunkelheit einfängst und wie du Farben für die Bildgestaltung einsetzt, erfährst du in diesem Beitrag.