Manche Orte vergisst man nicht. Obwohl man nur einmal dort war. Für mich ist das Stadtbad Lichtenberg so ein Ort. Anfang der 2000er war ich als Fotograf für ein Theaterstück dort. Schon damals war das Hubertusbad, wie es auch heißt, ein Lost Place, ein lange stillgelegtes Schwimmbad mitten in der Stadt, das den verwitterten Charme einer anderen Zeit hatte.
Ich erinnere mich noch ziemlich genau, wie ich durch die Hallen zog. Abgesehen von der Theatercrew, die in einem der großen Schwimmbecken probte, war ich alleine in dem Gebäude und konnte mich frei bewegen. Nahezu überall gab es spannende Dinge zu entdecken: verrostete Spinde, halbvergilbte Schilder, ein alter Friseursalon im Keller, endlos lange Gänge, die zu den großen Hallen führen.
Auch das zweite große Schwimmbecken war längst ohne Wasser. Dafür war der Boden übersät mit rostigem Schrott, zerbrochenem Mobiliar und Überresten einer längst vergangenen Ära. Es war unheimlich, keine Frage. Aber es war auch einzigartig.



Was mich sofort faszinierte, waren die Details. Unter dem Dreck, dem Rost und dem Schutt hat das Bad seine unglaubliche Schönheit bewahrt. Überall blitzten die Goldenen Zwanziger durch. Ob beim Fliesenmuster in kräftigem Blau und Türkis, den riesigen Kuppeln über den kathedralenartigen und lichtdurchfluteten Schwimmbecken oder den wahnsinnig aufwändig geschmiedeten Gittern. Statt auf nüchterne Funktionalität zu setzen, haben die Architekten hier mit Licht, Farben, Formen und Details experimentiert. Entstanden ist eine Perle des Expressionismus. Eine, die heute und schon seit langer Zeit in einer grauen Muschelschale steckt, welche ihr kostbares Geheimnis vor der Öffentlichkeit abschirmt.

Schon seit seiner Bauzeit hat das Bad Höhen und Tiefen erlebt. Die ersten Planungen gab es ab 1907. 1919 erfolgte der erste Spatensticht. Doch als die zuvor unabhängige Stadt Lichtenberg nur ein Jahr später als Bezirk in Groß-Berlin aufging, kamen die Bauarbeiten zum Stillstand. Wohl auch, weil nach dem Krieg das Geld knapp war.
Erst 1925, nach der Überwindung der Inflation, wurde weitergebaut. Am 2. Februar 1928 eröffnete der damalige Berliner Oberbürgermeister Gustav Böß das Bad schließlich. Im Zweiten Weltkrieg beschädigte eine Sprengbombe das Bad. Nach dem Krieg stand es zunächst leer, ehe 1948 der Badebetrieb wieder aufgenommen wurde.
Aufgrund von Baumängeln musste 1988 eine Halle geschlossen werden, 1991 dann der ganze Komplex. Seither wird nach einem neuen Nutzungskonzept gesucht. Immerhin: Seit 2024 ist das Bad unter dem Titel unter dem Oberbegriff Stadtbad reloaded – Lost Place meets Digital Art immer wieder kurzzeitig für Veranstaltungen und Kunstausstellungen geöffnet. Das darf gerne mehr werden.





















