Im Fokus: Matt Rimkus

Die erste Person, die ich in meiner neuen Rubrik Im Fokus: Die Menschen hinter der Kamera vorstelle, ist Matt Rimkus. Und das hat seinen Grund: Schon kurz nach meinem Umzug nach Kiel (der inzwischen auch schon wieder sieben Jahre her ist) suchte ich im Netz nach Landschaftsfotografen, die in der Region unterwegs sind. Schnell stieß ich dabei auf die Werke von Matt und war von seinen beeindruckenden Aufnahmen sofort begeistert. Auch menschlich hat es sofort gefunkt. Denn Matt ist nicht nur ein großartiger Fotograf, sondern auch Gründer der Facebook-Gruppe Fotowalkers SH, die inzwischen zu meinem fotografischen Zuhause in Schleswig-Holstein geworden ist. Dir, lieber Matthias möchte ich an dieser Stelle ganz herzlich für die Zeit, die du dir genommen hast und die tollen Fotos, die du mir für diesen Beitrag zur Verfügung gestellt hast, danken.

Im folgenden Interview gibt Matt uns einen Einblick in seinen Werdegang, seine Ausrüstung und die Inspiration für seine Bilder. Er teilt mit uns seine liebsten Projekte und Herausforderungen und gibt Tipps für angehende Fotografen.

Kurzsteckbrief:

Kannst du uns ein wenig über dich und deinen fotografischen Werdegang erzählen?

Ich bin mittlerweile stolze 53 Jahre alt und habe vor ca. 8-9 Jahren mit einigermaßen Ernst gemeinter Fotografie angefangen. Und das gleich digital, bin also kein alter Hase mit langer analoger Erfahrung.

Die Eichenallee an einem nebligen Herbstmorgen.

Inspiriert von Fotografen wie Elia Locardi und Michael Shainblum habe ich eigentlich von Beginn an relativ aufwändige Fotos mit hohem Bearbeitungsgrad gemacht (Belichtungsreihen, Time Blends usw.). Das hat sich über die Jahre und mit zunehmender Kenntnis der Materie etwas beruhigt.

Heute mag ich eher stille Bilder mit gedeckteren Farben im Moody-Look und bin auch meist nicht mehr so weitwinklig unterwegs, sondern picke mir eher mit dem Tele einzelne Elemente aus einer Szene heraus.

Welche Kameras und Ausrüstung benutzt du am liebsten, und warum hast du dich für diese entschieden? 

Lustig, dass diese Frage kommt, denn ich habe just vor einigen Wochen abermals das Kamerasystem gewechselt und bin nun wieder mit Nikon unterwegs. Die D90 war meine erste DSLR-Kamera und nun ist es die Z8.

Von der D90 bin ich seinerzeit zur vollformatigen D610 gewechselt, habe aber recht bald danach mehr zufällig eine Fuji X-T1 in die Finger bekommen, die mich derart angefixt hat, dass ich komplett auf das Fuji-System gewechselt bin. Einige Jahre war ich dann mit der X-T2 und der X-T3 nebst verschiedenen Objektiven unterwegs und habe stets die Kompaktheit und die Qualität dieses Systems genossen.

Bis ich dann immer mehr Astro-Fotografie mit dem Kollegen Mark Kruse gemacht habe, der mit seiner Canon im Dunklen immer viel schneller und einfacher zuwege war, weil die keinen Fernauslöser brauchte und dergl. mehr. Darauf war ich so neidisch, dass ich meine Fuji-Ausrüstung verkaufte und mir die EOS-R zulegte mit einigen RF-Linsen. Danach kam die R6 und zuletzt die R6 MkII.

Neuauflage eines meiner liebsten Milchstraßenmotive an der Ostsee

Der Wechsel von der R6 zur R6 II war keineswegs selbstverständlich, dazu habe ich sogar einen Beitrag auf meiner Website veröffentlicht.

Eigentlich war ich zufrieden mit Canon, hatte auf Reisen jedoch oft das Problem, dass ich mit meinen beiden Allzweck-Objektiven 24-105mm und 100-400mm immer genau das falsche Objektiv drauf hatte und somit andauernd mit Umschuhen beschäftigt war.

Als Nikon dann mit dem 28-400mm kam und in den letzten zwei Jahren auch bei den Kamera-Bodies stark aufgeholt hat, entschloss ich mich kurzerhand, den Kreis zu schließen und wieder zu Nikon zu wechseln. Zu dem 28-400mm gab es noch das 14-30mm f4 und das 16mm Viltrox f1.8 für Astro und damit habe ich eigentlich alles beisammen. Dabei bleibt es nun hoffentlich erstmal und die kleine Fuji X-T3, die ich mir vor einer Weile aus Reminiszenzgründen wieder gekauft hatte, bleibt natürlich auch.

Was inspiriert dich zu diesen Bildern und wie entwickelst du deine Bildideen? 

Ich kann gar nicht genau sagen, was mich inspiriert. Eine große Rolle spielen natürlich Bilder, die ich auf Social Media sehe, obschon ich den Konsum von und die Interaktion mit Facebook-Gruppen und Instagram mittlerweile auf ein Minimum reduziert habe.

Zudem folge ich verschiedenen Fotografen auf YouTube, die mir manchmal auch den einen oder anderen künstlerischen Schubbs geben.

Oft ist es aber nur ein bestimmter Stil oder ein Bild-Look, der mich anspricht und der ins eigene Repertoire übergeht.

Form und Struktur der Göltzschtalbrücke in Sachsen

Gibt es ein Projekt, das dir besonders am Herzen liegt?

Projekt ist vielleicht ein bisschen hoch gegriffen, aber generell erfüllt mich unsere Lieblingsinsel Kreta mit viel Schönheit und Freude, die ich gern fotografisch nutze. Und das überwiegend opportun, d.h. ich fotografiere eher, was mir zufällig begegnet und setze weniger auf geplante Fotografie (z.B. bestimmte Locations zu Sonnenaufgang oder -untergang). Eine Ausnahme hiervon ist die Astrofotografie, die sich auf Kreta ganz hervorragend betreiben lässt. Astrofotos profitieren sehr von guter Planung und spannenden Locations, wenngleich ich auch schon spontan tolle Astrofotos neben der Straße gemacht habe. 

Spannend finde ich auch die ganz eigene Ästhetik des Verfalls, der uns ebenfalls auf unseren Kreta-Trips an allen Ecken begegnet. Ich mag es, auf Bildern den morbiden Charme festzuhalten. Das können alte verknöchtere Bäume im Gebirge sein oder auch verfallene Gebäude mit verwitterten Türen. Beides gibt es hier im Überfluss. Das dann noch in Kombination mit einer schönen Milchstraße ist für mich kaum zu toppen.

Welchen Herausforderungen begegnest du häufig bei deinen Fotoshootings und wie gehst du mit ihnen um? 

Das einzige, was mir ein Shooting wirklich verhageln kann, ist Enttäuschung. Und diese ist logischerweise immer an (zu hohe) Erwartungen geknüpft, mit denen man an ein Shooting herangeht. Je genauer man sich im Vorfeld innerlich zurechtlegt, wie das Bild aussehen soll, das man machen möchte, desto größer ist natürlich die Gefahr, dass man die eigenen Erwartungen nicht erfüllt – weil das Wetter nicht passt, der Himmel dann doch nicht so aussieht, wie man sich das dachte, oder oder oder. Das Potenzial für Enttäuschung ist enorm, wenn man den künstlerischen Blick zu sehr einengt. 

Die schmale Straße entlang der Westküste Kretas

Daher versuche ich immer, mit einem möglichst freien Kopf an Shootings heranzugehen. Das gelingt mir bei reinen Foto-Shoots meist recht gut, aber seit ich angefangen habe, meine Foto-Trips zu filmen und auf YouTube zu veröffentlichen, erliege ich dem naturgemäß wieder öfter, weil dadurch eine ganz neue Ebene an Herausforderungen entsteht und viel mehr schiefgehen kann. Schließlich möchte ich ja eine Geschichte erzählen und natürlich auch Bilder zum Zeigen haben.

Dennoch ist die Filmerei für mich aktuell die logische Weiterentwicklung der Fotografie und macht mir große Freude. Allerdings muss ich auch aufpassen, dass dadurch die Fotografierei nicht zu sehr leidet. 

Aber an der friedlichen und spaßigen Koexistenz beider Gewerke arbeite ich!

Gibt es bestimmte Orte oder Motive, die du besonders gerne fotografierst? Warum faszinieren sie dich? 

Wie oben schon erwähnt, genieße ich fotografisch unsere Lieblingsinsel Kreta ganz besonders, die mit ihren Bergen, Schluchten, Küsten, schroffen Landschaften und einzigartiger Vegetation eine Fülle von Motiven bereithält und zudem Richtung Süden noch mit die dunkelsten Nachthimmel bietet, die man sich in Europa vorstellen kann.

Eiswagen in Sankt Peter-Ording

Natürlich bin ich auch gern im schönsten Bundesland der Welt unterwegs, muss aber auch konstatieren, dass ich Schleswig-Holstein weitgehend durchfotografiert habe und mich zunehmend schwer motivieren kann, sonderlich weit für ein Motiv zu fahren.

Welche Rolle spielt die Nachbearbeitung in deiner Fotografie 

Seit jeher spielt die Nachbearbeitung für mich eine zentrale Rolle. Sie ist meines Erachtens essenzieller Teil des kreativen Prozesses, denn erst in der Nachbearbeitung bekommt ein Bild seinen Look und seine Stimmung verpasst. 

Genauso wichtig wie die Abstimmung von Licht und Farbe ist auch die Retusche und das Entfernen von Elementen, die den Blick des Betrachters vom wesentlichen Inhalt ablenken. 

Natürlich gehen die Meinungen insbesondere bei der Retusche auseinander, aber das ist ja das tolle an der eigenen Kunst: Die muss nur mir selber gefallen. 

Kannst du uns einen besonderen Moment oder ein Erlebnis erzählen, das du während eines Fotoshootings hattest? 

Da gibt es so viele, dass es mir schwer fällt, ein bestimmtes Erlebnis herauszupicken. In fast 10 Jahren Landschaftsfotografie habe ich viel erlebt, aber am meisten gefällt mir das Gefühl, in der freien Natur unterwegs zu sein – sei es alleine oder gemeinsam mit lieben Kollegen.

Die Mole in Stein (Ostsee) im Wintersturm

Meist sind es die Momente der Ruhe, die sich einstellen, wenn man vor Ort angekomment ist und auf den Sonnenaufgang wartet oder die blaue Stunde nach einem Sonnenuntergang genießt. 

Wie bleibst du kreativ und vermeidest es, in eine Routine zu verfallen?

Das finde ich alles andere als einfach. In der Tat habe ich in den vergangenen anderthalb Jahren deutlich weniger fotografiert als zuvor. Das liegt zum einen daran, dass ich die Landschaftsfotografie in Schleswig-Holstein gefühlt zuende gespielt habe – so schön es hier auch ist. Zum anderen hat sich aber auch mein fotografisches Auge verändert und mir steht der Sinn weniger nach epischen Landschaften als nach kleineren und unaufgeregteren Szenen. 

Die berühmte Perspektive auf das Teehaus in Timmendorfer Strand

Generell stresse ich mich deutlich weniger, indem ich nicht mehr zwingend nur zu Sonnenaufgang oder -untergang fotografiere, sondern auch mal tagsüber unterwegs bin. 

Zudem gucke ich auch mal auf andere Genres, wie z.B. die Architekturfotografie. 

Der alte Leuchtturm von Chania auf Kreta in einem neuen Entwicklungsstil.
Der Fahrstuhlturm von ThyssenKrupp in Rottweil

Welche Tipps würdest du angehenden Fotografen geben, die sich auf ähnliche Themen wie du spezialisieren möchten?

Betreibt die Fotografie mit Lockerheit und Freude und lasst Euch nicht von vermeintlichen Social-Media-Trends hetzen. 

Natürlich plagiiert jeder Anfänger zunächst Kollegen, die schon länger dabei sind, aber guckt nach dem eigenen künstlerischen Gefühl jenseits von Drittel-Regeln und vermeintlichen Gesetzmäßigkeiten wie “Nur zu Sonnenaufgang und zu Sonnenuntergang”. Das ist alles schön und gut und richtig, aber erhält bisweilen zu viel Augenmerk.

Das Dockland-Gebäude im Hamburger Hafen

Habt keine Scheu vor ausgelatschten Motiven, denn es gilt immer noch das Motto: “Schon millionenfach fotografiert, nur noch nicht von mir!”. Wir können auf dieser kleinen Erde und in Zeiten von Instagram-Tourismus nicht alle permanent einzigartige und nie gesehene Bilder produzieren. Manchmal darf es auch eine gelungene Kopie sein.

Hinweis: Alle Bilder in diesem Beitrag sind von Matthias Rimkus. Ich danke ihm sehr, mir für diesen Beitrag dafür das Nutzungsrecht eingeräumt zu haben.

9 Kommentare

  1. Pingback:Im Fokus: Die Menschen hinter der Kamera -

  2. Vielen lieben Dank für dieses nette Interview! Eine schöne, kleine und kurzweilige Geschichte ist daraus geworden!
    Gerne mehr!

  3. tolles Interview 😃 und eine schöne ‘Reise’

    • Moin Marion. Das Interview hat mir echt Spaß gemacht und ich freue mich auf weitere. Ich sehe das genauso. Das Leben ist im besten Falle ein langer Weg, auf dem wir uns immer wieder entscheiden, ob wir rechts oder links abbiegen. Am Ende sind wir das Ergebnis unserer Reise.

  4. Liest sich flüssig und inhaltlich absolut schlüssig … Authentizität als wichtiger Baustein inspiriert für die Photography.
    Seit einigen Jahre verfolge ich Matt’s Photography. Sein neu entdeckter, persönlicher entwickelter Style hat ihn deutlich abrücken lassen von zu viel „ORANGE“. Seine Bilder haben dafür jedoch an Eindringlichkeit und Ausdrucksstärke gewonnen.
    Applaus also für sein Schaffen!!

  5. Hallo ihr beiden,
    Das ist ja ein spannender und kurzweiliger Beitrag und obwohl ich Matt auch kenne, hab ich Neues gelesen. Außerdem viele schöne Bilder dabei. Es ist immer wieder erstaunlich, wie unterschiedlich wir auf einer Wellenlänge fotografieren 🤗🙏
    Danke Euch und bis bald
    Christian

    • Moin Christian. Auch da bin ich ganz bei Dir und ich finde, dass gerade die Vielfalt eine der ganz großen Stärken der Gruppe ist. Ich bin immer wieder sehr erfreut, wer und was da so alles zusammenkommt.

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