Die Kunst des Weglassens: Minimalismus in der Landschaftsfotografie

Wir leben im Zeitalter der visuellen Reizüberflutung. In nur zwei Minuten werden heute mehr Fotos aufgenommen als im gesamten 19. Jahrhundert. Pro Sekunde werden nur bei Instagram 1.000 Bilder hochgeladen. Auf den allermeisten von ihnen ist zu viel drauf. Viele Fotografen versuchen scheinbar, immer das ganze Bild einzufangen. Daran müssen sie zwangsläufig scheitern. Denn Bilder können immer nur einen Ausschnitt aus der Umgebung zeigen. Radikale Reduktion ist die Lösung für dieses Problem. Und der Gegenpol zu diesem Überfluss. In diesem Beitrag zeige ich Dir meinen Ansatz zur minimalistischen Fotografie.

Den Bildinhalt auf das Wesentliche zu reduzieren, war schon immer Aufgabe des Fotografen. Durch den geschickten Einsatz von freien Flächen, Linien und markanten Objekten lenken wir den Blick des Betrachters auf das, was wir für essenziell erachten. Wie so oft gilt: Weniger ist mehr.

Titelbild Sonstiges. Es zeigt einen frisch gepflügten Acker am Wilden Moor bei Schwabstedt
Acker am Wilden Moor bei Schwabstedt

Der Minimalismus treibt diese Reduktion auf die Spitze. Die Kunst ist es, dafür zu sorgen, dass wenig nicht nichts ist, sondern viel bedeuten kann. Und manchmal auch extrem praktisch sein kann. Denken wir doch nur mal an die Suchmaschine Google, deren Seite mit einer einzigen Eingabemaske auskommt und ansonsten gänzlich weiß ist.

Apropos weiß. Wenn sich im Winter der Schnee über Stadt und Land legt, entstehen ganz schnell minimalistische Motive. Schnell sein lohnt sich, denn allzu schnell verwandelt sich die weiße Pracht in ein matschiges Grau. Und wenn eine Fußspur im Schnee noch ganz schön aussieht, ist ein zertrampelter Pfad meist eher störend. Ein weiterer Tipp: Die helle Landschaft bringt den Belichtungsmesser durcheinander. Schnee wird daher vom automatischen Belichtungsmesser vorwiegend eher grau wiedergegeben. Korrigiere die Belichtung um +0.5 bis +1.5 EV nach oben. Klingt kompliziert? Ist es nicht. Das geht sogar mit dem Smartphone. Bei einigen Telefonen kann man dazu ein Sonnen- oder auch ein Plus-Minus-Symbol, das im Bild erscheint, direkt antippen und nach oben oder unten schieben. Ansonsten muss man über die Einstellungen der Kamera-App in den Experten- oder auch Profi-Modus wechseln.

Weniger ist mehr: Erste Schritte in den Minimalismus

Doch der Schritt in Richtung Minimalismus erfordert zunächst Mut: Man muss die Leere auch aushalten können. Zu Anfang ist es gar nicht so leicht, Motive mit klar definierten Linien und Leerräumen, die sich auf das Wesentliche konzentrieren, zu finden. Mit etwas Übung gelingt das jedoch immer besser. Der erste Schritt ist es, ganz bewusst zu fotografieren. Suche nach schlichten Hintergründen, weiße oder einfarbigen Leerräume sowie geometrischen Formen.

Du wirst schnell merken, dass Du sie nahezu überall findest. Oft genug ist es jedoch so, dass irgendetwas ungewollt den Minimalismus durchbricht. Bei dem Schneebild oben musste ich zum Beispiel lange nach einer Perspektive suchen, bei der im Hintergrund kein Baum oder Windrad die Leere durchbricht. Auch wenn sich die notfalls mit einem Bildbearbeitungsprogramm wegretuschieren lassen, bevorzuge ich es, meine Fotos so aufzunehmen, dass möglichst wenig Nachbearbeitung nötig ist.

Minimalismus in Stadt und Land

Ich persönlich fotografiere am liebsten (Stadt-)Landschaften und Architekturmotive. Beide Genres sind hervorragend für die minimalistische Fotografie geeignet und bieten nahezu unendlich Möglichkeiten. Und der typisch graue norddeutsche Himmel über Schleswig-Holstein oder Ostfriesland ist dabei keineswegs ein Hindernis, sondern eine willkommene Zutat. Aber natürlich kann man auch bei gutem Wetter tolle Bilder schießen.

Hier ein paar minimalistische Stadtlandschaften:

Gerne bin ich auch außerhalb der Städte unterwegs und genieße auch hier das Spiel mit der Reduktion. Das erfordert viel Bewegung. Oft ist es gar nicht so leicht, eine gute Perspektive zu finden. Daher ein weiterer Tipp: Laufe um Dein Motiv herum. Verändere die Kameraposition und/oder Deinen eigenen Standort so lange, bis Dein Bild keine störenden oder ungewollten Elemente mehr enthält.

Was bleibt zu sagen? Minimalismus ist toll und macht eine Menge Spaß. Er ist ein Weg, um bewusstes Fotografieren zu üben. Ich selbst lege mich aber ungern fest, weshalb ich mich auch nicht als minimalistischen Fotografen bezeichnen würde. Ich probiere gerne aus und spiele mit den fotografischen Genres. Auch, aber nicht nur mit dem Minimalismus.

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