2022 – ein Jahr in Bildern

2022 war ein bewegtes Jahr. Mein Berufsleben als Journalist und Dozent bringt es mit sich, dass ich viel unterwegs bin. Und gerade nach stressigen Arbeitstagen genieße ich es, mit der Kamera loszuziehen. Das war auch 2022 grundsätzlich nicht anders.  Aber wohl selten habe ich die kleinen Fluchten aus dem Alltag so genossen wie in diesem schrägen und krisenreichen Jahr. Ein fotografischer Jahresrückblick mit Bildern, die mir aus den unterschiedlichsten Gründen wichtig sind.

Januar

Ich mag klare Wintertage. Sie eignen sich hervorragend für Architekturfotografie. Das Gebäude des Kieler Finanzamtes wollte ich schon immer fotografieren. Meist stimmten die Bedingungen dafür jedoch nicht oder ich war zur richtigen Zeit am falschen Ort. Am Jahresanfang 2022 hat es endlich gepasst. Ich weiß nicht, wie lange ich um das Gebäude herumgelaufen bin, bis ich diese Perspektive entdeckt habe, die mir persönlich am besten gefällt. 

Februar

Sicherlich nicht der klassische Urlaubsmonat, aber einer, in dem wir das alle dringend nötig hatten. Also sind wir kurz entschlossen nach Nordstrand gefahren, eine (Halb-)Insel, die dann im absoluten Winterschlaf liegt. Wir haben unseren Aufenthalt trotzdem oder vielleicht gerade deshalb sehr genossen und dabei die zahlreichen hübschen Dörfer mit ihren alten Kirchen für uns gehabt. Dabei haben wir den kleinsten Dom Deutschlands, die Kirche der alt-katholischen Pfarrgemeinde St. Theresia, für uns entdeckt. Ein Bauwerk, das außen wie innen einfach schön ist.  Falls ihr überlegen solltet: Nordstrand ist auch im Winter wirklich schön. Als wir dort waren, war die Welt abgesehen von Corona noch in Ordnung. Das sollte sich wenige Tage später mit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine ändern.

März

Planet Alsen – wieder so ein Ort, den ich schon lange besuchen wollte. Nach einem Flughafentransfer nach Hamburg habe ich einen kleinen Umweg eingeschlagen und bin über Itzehoe nach Kiel zurückgefahren. Bis 1982 war dort die Zementfabrik Alsen angesiedelt. Danach haben viele Menschen und ein Verein das Gelände von einer Industriebrache zu einer faszinierenden Kulturlandschaft umgewandelt, die in ihrem Bestand dauerhaft bedroht ist.

April

In Sterzing/Vipiteno wohnt eine unserer besten Freundinnen, die wir seit dem Jahr 2000, als wir uns bei der Expo in Hannover kennengelernt haben, immer wieder gerne besuchen. Das im Südtiroler Wipptal gelegene Städtchen ist ein perfekter Ausgangsort für ausgedehnte Wanderungen in die Hochalpen.  Auch kulinarisch ist Südtirol mit seiner Mischung kulinarisch aus deutschen und mediterranen Elementen eine echte Wucht: Knödel treffen hier auf Pasta, italienische Kaffeekultur auf Apfelstrudel. All das lässt sich und er Altstadt von Sterzing, die im Sommer gerne mal ziemlich überlaufen ist, genießen. Ich habe die Gelegenheit genutzt, nachts durch die Hauptstraße zu stiefeln.

Mai

Der wohl schönste Monat in Schleswig-Holstein (ok, die anderen 11 sind auch die schönsten). Und wieder einer, in dem wir eine kleine Auszeit brauchten. Weil wir alles recht kurzfristig geplant haben, mussten wir nehmen, was noch frei ist. Aber das ist hier im „Land zwischen den Meeren“ nie ein Problem gewesen. So auch in diesem Jahr. Der Zufall spülte uns in die alten Meierei in Twedt, einem kleinen Dörfchen, von dem aus wir ausgedehnte Fahrradtouren an die nahegelegene Schlei unternahmen. Eine wirklich schöne, leicht hügelige Gegend mit traumhaften Fotomotiven wie diesem reetgedeckten Haus bei Brodersby.

Juni

Ich arbeite öfter in Hamburg und fahre noch öfter mit dem Zug durch die Metropole. Was nicht immer ein Vergnügen ist. Pendler, die die Strecke jeden Tag fahren müssen, tun mir echt leid. Ich weiß nicht, wie oft mein chronisch verspäteter Zug aus Kiel kurz vor dem Hauptbahnhof zwischen Binnen- und Außenalster oder kurz danach auf freier Strecke halten musste, um auf eine Einfahrgenehmigung zu warten. Oft genug bedeutete dies für mich, dass ich meinen Anschlusszug verpasste oder zumindest besorgt sein musste, dass dies passiert. Für die schönen Bauwerke neben der Strecke hatte ich dann kein Auge. Und so ist mir die Galerie der Gegenwart der Hamburger Kunsthalle auch erst spät aufgefallen. Aber dann war ich sofort fasziniert von dem 1997 nach vierjähriger Bauzeit errichteten Gebäude. Am schönsten lässt es sich von der gegenüberliegenden „alten“ Kunsthalle ablichten. Leider ist der Platz zwischen beiden Bauwerken häufig voller Menschen. Wie schon so oft half mir hier vermeintlich schlechtes Wetter, das zum Fotografieren oft am schönsten ist. So auch hier. Als es anfing zu regnen, leerte sich der Platz recht schnell und die Wolken sorgten für einen dramatischen Hintergrund.

Juli

Nach einigen coronabedingten Veränderungen fand die Kieler Woche 2022 fast wieder unter normalen Verhältnissen statt. Große Feste sind eigentlich nicht so meins. Die Kieler Woche ist da eine absolute Ausnahme. Dadurch, dass sich die Feierlichkeiten durch die ganze Stadt ziehen, ist es eigentlich nie überfüllt. Ich habe einige tolle Konzerte gesehen (unvergessen Element of Crime), war mit meinem Kind Dauergast auf der Spiellinie, wo nicht nur der Nachwuchs kostenlos Spielen, Bauen, Malen, Matschen, Lauschen und Staunen kann. Ein fotografisches Highlight ist in jedem Jahr die  „Willer Balloon Sail Night Glow“ auf dem Nordmarksportfeld. Dort lassen die Ballonpiloten ihre Ballons zu später Stunde zum Takt der Musik aufleuchten. Auch das ist (wenn man sich selbst mit Getränken und Nahrung versorgt) völlig kostenlos.

August

Die Zeit der Heideblüte. In Schleswig-Holstein haben wir gar nicht so viele ausgedehnte Gebiete, in denen die lilafarbene Pracht zu sehen ist. Glücklicherweise liegt eines davon gar nicht so weit von mir entfernt. Also habe ich mich eines Morgens aufgerafft und bin in die Sorgwohlder Binnendühnen gefahren. Als ich losfuhr, war der Himmel noch ziemlich klar. Ich hatte aber wieder einmal Glück. Als ich ankam, stieg Dunst aus dem angrenzenden Flusstal auf und verwandelte die Umgebung in eine magische Nebellandschaft. Ich habe es unglaublich genossen, diese für mich ganz allein zu haben. Auch wenn es nur ein kurzes Vergnügen war: So schnell der Nebel aufgezogen war, so schnell war er auch wieder verschwunden. Es ist für mich immer wieder erstaunlich, wie sehr das Wetter dieselbe Landschaft unterschiedlich aussehen lässt.

September

Ockholm. Einer meiner Sehnsuchtsorte in Nordfriesland. Irgendwo im Nirgendwo und gerade deshalb absolut entspannend. Immer wieder steuern wir den Wohnmobilstellplatz neben der alten Kirche an. Eigentlich wollte ich die Milchstraße fotografieren. Bei unserem Aufenthalt im August war aber Vollmond. Denkbar schlechte Voraussetzungen für die Astrofotografie sollte man meinen. Ich habe mich trotzdem aufgerafft und wurde mit diesem wunderschönen Monduntergang über dem Watt belohnt.

Oktober

Ahnungslos in Amsterdam – Ein kaputtes Auto und ein Trauerfall haben mich im Oktober in die niederländische Hauptstadt geführt. Ich weiß nicht, wie lange es her ist, dass ich dort gewesen bin. Ich hatte die Stadt jedenfalls als absolut überfüllt in Erinnerung, wurde dann aber positiv überrascht. Im Oktober ist es wirklich schön auf den Grachten und drumherum. Mein persönliches Highlight war der Besuch des ehemaligen NDSM-Geländes, einer ehemaligen Werft, die inzwischen zu einem gigantischen Street-Art-Gesamtkunstwerk geworden ist. Im Zentrum steht das innen wie außen sehenswerte STRAAT / Museum for street art and graffiti.

November

Berlin – ich habe lange dort gelebt und immer noch mehr als einen Koffer dort stehen. Auch wenn ich sehr gerne in Schleswig-Holstein lebe, zieht es mich doch immer wieder an die Spree. Die Stadt ist einfach ein Paradies für Architekturfotografen. Die Bandbreite der Bauwerke aus mehreren Jahrhunderten und politischen Systemen ist unglaublich groß. Im November bin ich frühmorgens durch das Regierungsviertel gestiefelt, dass ich zu dieser Zeit für mich alleine hatte. Dabei haben mich das Paul-Löbe und das gegenüberliegende Marie-Elisabeth-Lüders-Haus am meisten fasziniert.

Dezember

Leer, das „Tor Ostfrieslands“ hat eine wunderschöne Altstadt, die gerade zur Weihnachtszeit hübsch anzuschauen ist. Wie es der Zufall wollte, war mal wieder Vollmond, als ich auf Familienbesuch in meiner Heimatregion war. Ein Bahnhofsshuttle brachte mich dann nach Leer, wo ich etwas Wartezeit einkalkuliert habe (die Bahn hat dankenswerterweise noch etwas oben draufgelegt), um durch die Straßen zu schlendern. Eine der wohl schönsten Gassen der Altstadt ist der Wilhelminengang, der mich irgendwie an einen französischen Straßenzug erinnerte.

Das mal so als mein persönlicher Jahresrückblick, der mir mal wieder vor Augen führt, wie schwer es mir fällt, mich auf ein fotografisches Genre festzulegen. Das Titelbild zeigt den Leuchtturm von Campen. Wer mehr möchte: Das allermeiste, was ich 2022 sonst noch abgelichtet habe, könnt ihr auf meiner Wikimedia-Commons-Seite sehen. Ich freue mich auf Euer Feedback. Wo auch immer Ihr seid: Ich wünsche Euch ruhige und besinnliche Festtag im Kreise Eurer Liebsten. Kommt gut rüber in das Jahr 2023.

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