Im Fokus: Marion Liebmann

Ich mag Menschen, die ihre Leidenschaft und Kreativität mit anderen teilen, offen für Kritik sind und ihre Geheimnisse preisgeben. Eine dieser inspirierenden Persönlichkeiten ist Marion Liebmann, die mich mit ihren beeindruckenden Architekturaufnahmen immer wieder aufs Neue fasziniert. Ihre klare Bildsprache, ihr Blick für Details und ihre außergewöhnliche Fähigkeit, Strukturen und Formen festzuhalten, beeindrucken mich immer wieder.

Kennengelernt habe ich Marion bei den Fotowalkers SH, wo sie mir nicht nur als leidenschaftliche Fotografin, sondern auch als offene und kreative Gesprächspartnerin aufgefallen ist. Ich schätze den Austausch mit ihr sehr, denn sie inspiriert nicht nur durch ihre Bilder, sondern auch durch ihre Art, andere mit ihrer Begeisterung anzustecken.

Umso mehr freue ich mich, dass Marion sich für ein Interview zur Verfügung gestellt hat. Hier gibt sie spannende Einblicke in ihre fotografische Reise, ihre Ausrüstung und die Geschichten hinter ihren schönsten Aufnahmen. Sie spricht über die Herausforderungen, die sie antreibt, ihre Lieblingsmotive und hat wertvolle Tipps für alle, die sich in der Fotografie weiterentwickeln möchten. Vielen Dank, liebe Marion, dass du dir dafür Zeit genommen hast.

Kurzsteckbrief:

Porträtfoto der Fotografin Marion Liebmann, lächelnd in die Kamera blickend, vor einem dezent verschwommenen Hintergrund, der ihre kreative und professionelle Ausstrahlung unterstreicht.

Kannst du uns ein wenig über dich und deinen fotografischen Werdegang erzählen?

2008 habe ich mit der Fotografie begonnen und somit habe ich gleich digital gestartet, die analoge Welt ist mir absolut unbekannt. Da ich über einen befreundeten Profifotografen zur Fotografie kam, war Photoshop, Fotografieren im RAW Format und der manuelle Belichtungsmodus seit Anbeginn eine Selbstverständlichkeit. Da ich an der Ostsee wohne, war der Einstieg in die Landschaftsfotografie vorprogrammiert und ich bin fast täglich nach der Arbeit zur Ostsee marschiert, um Licht und Stimmungen einzufangen und um mich und die Kamera auszuprobieren. Der nächste Schritt war dann der Graufilter, um den Landschaftsfotos eine künstlerische Note zu geben.

Langzeitbelichtung einer Buhne in Ahrenshoop während eines Sonnenuntergangs, mit weichen, ineinander übergehenden Farben am Himmel und einer ruhigen, sanft verschwommenen Wasseroberfläche.
Buhnen in Ahrenshoop an der Ostsee
F18 / 14mm / 190 Sec Belichtungszeit ISO 40

Der Einstieg in die Architekturfotografie dauerte gut 8 Jahre, da ich mir Zeit für Städtereisen organisieren musste. Treppenhäuser waren mein erster Spielplatz und es ist spannend, welch grafische Motive Treppenhäuser bieten.

Abstrakte Ansicht eines geschwungenen Treppenhauses mit klaren Linien und geometrischen Formen, die eine elegante und moderne Ästhetik erzeugen
Bürohaus in Köln

Eine weitere Entwicklung war der Mensch im Bild, egal ob in der Landschaft oder Architektur, entweder zur Abstraktion eines Bildes oder zur Visualisierung von Dimensionen

Treppenhaus mit Oberlicht und Gitterfenster: Eine Frau steigt eine Treppe hinauf, umgeben von Wandbemalungen mit horizontalen und vertikalen Linien, die dem Raum eine künstlerische und strukturierte Atmosphäre verleihen.
Kunstmuseum Den Haag mit 12mm
Blick von oben auf das Treppenhaus im Königlichen Museum der Schönen Künste: Ein Mann steigt die weiße Treppe mit eleganten Holzelementen im Geländer hinauf, umgeben von einer minimalistischen, hellen Architektur.
Königliches Museum der Schönen Künste mit 24mm

Welche Kameras und Ausrüstung benutzt du am liebsten, und warum hast du dich für diese entschieden? 

Seit Anbeginn Nikon, gestartet bin ich mit der Nikon D100 und mittlerweile bin ich bei der Z7  gelandet. Die liebsten Objektive sind mir die lichtstarken 2,8er Objektive. Die 2 wichtigsten in der Landschafts- und Architekturfotografie sind das 14-24 mm und das 24-70 mm. Da Nikon kein 10mm (nicht Fisheye) im Sortiment hat, habe ich mir vor ein paar Jahren das 10mm von Samyang zugelegt. Es ist schon gut, aber ich hoffe irgendwann kommt ein 10mm von Nikon.

Lookup-Perspektive im Innenhof eines Bürohauses in München: Der kreisrunde Innenhof wird von einer weißen Fassade mit langgezogenen Fenstern umrahmt, die in klaren, modernen Linien nach oben streben.
München Bürohaus Lookup mit 10mm

Stativ und Graufilter sind für mich in der Landschaftsfotografie nicht wegzudenken, obwohl ich mittlerweile auch mal ohne alles, sprich nur mit Kamera und einem Objektiv losgehe, denn immer die ganz Ausrüstung dabei ist solch eine Schlepperei. Graufilter nutze ich von HAIDA, das Stativ ist von Feisol.

Deine Fotos haben oft eine sehr emotionale und erzählerische Komponente. Was inspiriert dich zu diesen Bildern und wie entwickelst du deine Bildideen?

Inspiration hole ich mir gern bei anderen Fotografen, denen ich auf Social Media folge. Sehr hilfreich für mich ist Instagram, da es dort spezielle ‚Gruppen‘ gibt, wie z.B. für Treppenhäuser, besondere Gebäude usw. Hat eine Location mein Interesse geweckt, wird sie auf Google schon einmal mit dem entsprechenden Vermerk gepinnt (manche Städte erkenne ich nicht mehr, da sie nur noch rot sind).

Innenansicht der Stadtbibliothek Stuttgart: Ein Mann steht im Zentrum der weißen, modernen Architektur mit treppenförmigen Ebenen und zahlreichen Bücherregalen. Mit dem Rücken zum Betrachter hält er ein Buch in der Hand und scheint vertieft zu lesen.
Stadtbibliothek Stuttgart

Entsprechend werden Architekturreisen auch geplant und bevor es losgeht, schaue ich mir keine Fotos dieser Location von anderen Fotografen mehr an, denn ich möchte meine eigenen Ideen und Perspektiven vor Ort finden und nicht ein ‚fremdes Bild‘ vor Augen haben. Die emotionale Komponente ist mir tatsächlich nicht bewusst, entsteht jedoch sicher auch bei der Entwicklung meiner Bilder, denn diese ist sehr von meiner eigenen Stimmung abhängig.

Du hast auf deiner Webseite einige beeindruckende Projekte vorgestellt. Gibt es ein Projekt, das dir besonders am Herzen liegt? Wenn ja, warum?

Habe ich das? Richtige Projekte gibt es bei mir eigentlich nicht, ich habe mich eine Zeit lang mit Auftrags/Eventfotografie beschäftigt, aber es fehlt mir die Zeit, es gibt eher Motivwünsche.

In der Landschaftsfotografie möchte ich gern mich der Bergwelt widmen, jedoch müssen Locations relativ leicht erreichbar sein, denn zur Bergziege werde ich nicht mehr 😉

Des Weiteren möchte ich mir in diesem Jahr noch das Plena von Nikon leisten und dann auch gern einmal Menschen fotografieren, das wäre tatsächlich noch ein Projekt.

Da ich jedoch eher spontan bin und ‚Termine‘ im privaten Leben nicht so schätze, könnte es nur etwas zäh werden, denn dafür braucht man ja Menschen.

Welchen Herausforderungen begegnest du häufig bei deinen Fotoshootings und wie gehst du mit ihnen um?

In der Architekturfotografie, besonders wenn es um Indoorfotos wie Treppenhäuser oder Lookups geht, betritt man Firmen- oder Bürogebäude und nicht immer sind Besucher / Fotografen erlaubt. Sehr oft sind Bürogebäude auch verschlossen. Dann heißt es warten bis der Paketbote kommt und zack… reinhuschen. Dafür braucht man ein paar Nerven und die Eigenschaft des unauffälligen Abtauchens.

Gibt es bestimmte Orte oder Motive, die du besonders gerne fotografierst? Warum faszinieren sie dich?

Tatsächlich fotografiere ich sehr gern moderne und helle Architektur, besondere Treppenhäuser und ausnahmslos immer noch das Meer. Das Meer einfach, da es immer anders ist, weit und frei für Gedanken.

Welche Rolle spielt die Nachbearbeitung in deiner Fotografie und wie gehst du an diesen Prozess heran?

In der Landschaftsfotografie und auch in der Architekturfotografie muss ich ‚Nachbearbeiten‘ allerdings nenne ich es lieber Entwickeln. Da ich im RAW fotografiere geht es nicht anders. In der Landschaftsfotografie geht es mir um Licht, Farben und Stimmungen und die ‚Nachbearbeitung‘ fällt selten üppig aus.

In der Architekturfotografie ist die Nachbearbeitung für mich sehr wichtig und mitunter auch tatsächlich eine Nachbearbeitung. Ich baue von mir fotografierte Menschen ein oder nutze Arbeitsschritte aus der Fineartbearbeitung. Die Idee, was aus einem Foto wird, hatte ich evtl. schon vorher bei der Aufnahme, zeitweise entsteht eine Idee beim Durchschauen der Fotos, z.B. wie kann ich ein Gebäude oder eine Dimension visualisieren.

Geschwungenes Treppenhaus, fotografiert von Marion Liebmann: Die elegante Spiralform wird durch die Anwesenheit eines Menschen auf der Treppe hervorgehoben, was die beeindruckende Dimension und architektonische Ästhetik unterstreicht.

Kannst du uns einen besonderen Moment oder ein Erlebnis erzählen, das du während eines Fotoshootings hattest?

In Kopenhagen gibt es ein tolles, modernes Wohnhaus. Es ist verschlossen und videoüberwacht. Beim ersten Mal bin ich hineingekommen, Geduld und eine Malertruppe führten zum Erfolg. Zu dem Zeitpunkt hatte ich jedoch kein 10mm. Beim 2. Mal kam ich tatsächlich mit noch mehr Geduld wieder in das Gebäude, fuhr sofort hoch in des Obergeschosses, machte ein paar Fotos, verschwand in einem Flur um noch mal das 14mm auf die Kamera zu setzen, kam wieder heraus und da war er, der Securitymann und warf mich freundlich aber bestimmt aus dem Gebäude.

Steril wirkendes Treppenhaus eines Wohnhauses in Kopenhagen: Die runde Form des Innenhofs wird durch eckig hervorspringende Treppen akzentuiert, die in der klaren, minimalistischen Architektur ein spannendes Spiel von Geometrie und Raum erzeugen.
Wohnhaus in Kopenhagen.

Wie bleibst du kreativ und vermeidest es, in eine Routine zu verfallen?

Ich versuche mich von den sozialen Netzwerken nicht stressen zu lassen, wann und ob ich fotografieren muss und was… Es muss Spaß machen und mir gefallen, egal ob es 20 oder 100 Likes gibt!

Welche Tipps würdest du angehenden Fotografen geben, die sich auf ähnliche Themen wie du spezialisieren möchten?

Minimalistisches Foto der Elbphilharmonie: Der obere Teil des ikonischen Gebäudes mit seinen geschwungenen Spitzen, über denen eine einzelne Wolke im klaren Himmel schwebt und sanft eine der Spitzen zu berühren scheint.
Elphi mit Wölkchen.

Learning by doing, einfach ausprobieren, sich weiterentwickeln und sich immer bewusst machen, Luft nach oben ist IMMER vorhanden. Perspektiven wechseln und ruhig mal in die Knie gehen, auch wenn es knackt.

Und:

Fotografiere was gefällt, auch wenn es schon zig Mal fotografiert wurde.

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